Direktansprache
Martin Koch
Die aktuelle Studie zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt in Deutschland der Wollmilchsau GmbH zeigt, dass der persönliche Kontakt zu Mitarbeitern eines Unternehmens das erfolgreichste Recruiting-Tool ist. Auch wenn sich das stetig mehr herumspricht, bleiben viele Potentiale immer noch ungenutzt.

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Die aktuell in einem Unternehmen Beschäftigten verfügen vor allem über die regionalen Netzwerke, die für ein Unternehmen im Wettbewerb am jeweiligen Standort besonders interessant sind. So wird meist ohne größere Hintergedanken im privaten Umfeld, auf Schul- und Kita-Veranstaltungen der Kinder, beim Sport und im Verein und auch mal zufällig beim Bäcker um die Ecke davon berichtet, wo man beschäftigt ist und dass es eigentlich ein ganz guter Laden ist. Dass diese Art der positiven und leider auch mal negativen Kommunikation in punkto Glaubwürdigkeit und Authentizität einen Spitzenplatz einnimmt, dürfte auf der Hand liegen. Ob in diesem Zusammenhang Prämien, die an Mitarbeiter im Rahmen offizieller „Mitarbeiter werben Mitarbeiter“-Aktionen gezahlt werden, eher kontraproduktiv wirken, bleibt hier unberücksichtigt, wäre aber durchaus diskussionswürdig.

Zwei weitere Gruppierungen, nämlich die der ehemaligen Mitarbeiter und die der ehemaligen Bewerber bleiben bei der Betrachtung als Multiplikator im Kontext des Recruitings meist völlig unberücksichtigt. Ehemalige Mitarbeitende werden meist nur im Hinblick auf ihre gefürchteten Bewertungen in Arbeitgeberportalen gefürchtet. Bewerber, die im Zuge zurückliegender Recruitingprozesse entweder nicht zum Zug gekommen sind oder von sich aus den Prozess abgebrochen haben, werden meist überhaupt nicht betrachtet.

Bei beiden genannten Gruppen herrscht sicherlich die Erwartung vor, sie würden eher negativ über das Unternehmen sprechen. Denn es gab gute Gründe, das Unternehmen zu verlassen oder erst gar nicht dort anzufangen. Auch ist man meist auf einen Arbeitgeber, der einen nicht wollte oder nach einer gemeinsamen Zeit „gefeuert“ hat, nicht gut zu sprechen. Damit steigt der Wert positiver und neutraler Aussagen aus diesen Gruppen zum Unternehmen gegenüber potentiellen Bewerbern nochmals an.

Was ist zu tun? Zugegeben etwas zugespitzt, dennoch empfehlen wir ein wertschätzendes „Danke“ und die besten Wünsche für die Zukunft, anstatt der Drohung, man werde schon sehen, was man davon hat, dass man das gute Jobangebot ausschlägt. Auch der nicht passende Bewerber darf sich nach einer Absage dennoch wertgeschätzt und positiv wahrgenommen fühlen, um so mehr, je weiter er oder sie im Bewerbungsprozess gekommen ist. Unsere goldene Regel ist, die Absage mindestens auf der gleichen Ebene auszusprechen, wie der Kontakt zum Unternehmen stattfand. Eine schriftliche Bewerbung darf sicherlich per Mail aus der Personalabteilung beantwortet werden. Sobald es zu einem telefonischen oder persönlichen Kontakt kam, sollte dies auch für die Absage die erste Wahl sein. Und die telefonische Absage durch den Bereichsleiter oder Geschäftsführer persönlich bleibt bei allem negativen Inhalt meist dennoch positiv in Erinnerung.

Auch bei ehemaligen Mitarbeitern lohnt sich ein wenig mehr Empathie und Wertschätzung. Unabhängig davon, wer das Arbeitsverhältnis gelöst hat, man ist ein Stück des Weges gemeinsam gegangen, es gab Gründe dafür, dass man sich füreinander entschieden hat und es gibt auch Gründe warum das nun nicht mehr der Fall. Dies gilt insbesondere dann, wenn diese nicht in negativen Erlebnissen aller Art liegen, also z.B. in dem Wunsch begründet sind, dass sich der Mitarbeiter räumlich oder beruflich verändern möchte oder dass einfach kein Platz mehr für den ansonsten erstklassigen Mitarbeiter im Unternehmen ist. Und selbst wenn es emotional wird, weil Gefühle verletzt, Erwartungen enttäuscht oder Versprechungen nicht eingehalten wurden, lohnt es sich, mit einem guten Wort auseinander zu gehen. Auch hier haben wir eine goldene Regel: Egal was man tut, im Idealfall hinterlässt man sowohl ein gutes Gefühl bei allen Beteiligten wie auch Verständnis für die getroffenen Entscheidungen.