Onboarding
Martin Koch
Meistens erhalte ich auf meine Frage, ob es denn im Unternehmen nicht jemanden gäbe, der eine interne Lösung für die vakante Position darstellen könnte, nur Kopfschütteln, Schulterzucken oder die Antwort, man habe sich bewusst für eine externe Lösung, für eine sogenannte „Frischzellenkur“ entschieden. Manchmal ist es jedoch auch so, dass ein potentieller oder sogar aktueller interner Bewerber durchaus vorhanden wäre, jedoch nicht als Lösung angesehen wird. Wenn dieser Mitarbeiter, der aus seiner Sicht in der Lage und willens ist, sich in die Position zu entwickeln, auch noch Teil des Teams der zu suchenden Führungskraft ist, sind die Probleme vorprogrammiert. Sind Sie das wirklich? Ich denke nein, denn auch diese Situation kann, bei richtigem Umgang sogar Mehrwert bringen.

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Es ist sicher nicht produktiv und meist auch eine Unterstellung, in dem verschmähten Mitarbeiter automatisch einen Störenfried, ein potentielles Problem zu sehen. Hier ist der richtige Umgang entscheidend, der sich als gelebte Unternehmenskultur bewähren muss. Aus meiner Sicht kann nur eine von Anfang an offene und transparente Kommunikation, ein klares Aufzeigen der Gründe, warum eben dieser Mitarbeiter nicht als potentieller Kandidat gesehen wird, die Situation entschärfen. Erklären Sie Ihrem Mitarbeiter, was er aus Ihrer Sicht noch nicht für die Position mitbringt, was Sie sich von der Besetzung mit einem „Externen“ erwarten und was das auch für ihn positiv bedeuten kann. Kein angenehmes Gespräch, jedoch gerade das Führen derartiger Gespräche macht Sie als Führungskraft aus. Und seien wir mal ehrlich, in der Rückschau, war es meist besser, am Anfang alles offen auf den Tisch zu legen.

Machen Sie doch den „verschmähten“ Mitarbeiter zu einem Verbündeten, zeigen Sie ihm, dass Sie sehr wohl an seine Qualitäten glauben und das er deshalb ein ganz wichtiger Mitarbeiter für seinen neuen Chef sein wird. Gerade in der Phase des On-Boarding, des Hineinfinden und -fühlen, braucht „der Neue“ jede Unterstützung, die er nur brauchen kann. Wenn dies gelingt, haben Sie die Situation nicht nur entschärft, sondern zum Besseren gewendet, alle Beteiligten sind verantwortungsvoll eingebunden, Missverständnisse bleiben aus und „Leichen im Keller“ werden keine versteckt.

Leider kann es bei aller guter, offener und wertschätzender Kommunikation den Fall geben, dass die Enttäuschung des Mitarbeiters in Unzufriedenheit, vielleicht sogar Neid, in jedem Fall in destruktives Verhalten umschlägt. Dann wird Ihnen nichts anderes übrigbleiben, als die Situation durch „Entzerrung“ zu lösen, schließlich wollen Sie ihren Mitarbeiter ja nicht verlieren und mit dem Schließen einer Lücke die nächste aufreißen. Es kann jedoch auch Fälle geben, wo Sie selbst darum nicht herumkommen.

Und der „Neue“? Auch er hat das Recht darauf, von Anfang an mit der Situation konfrontiert zu werden. Schließlich kann er nur so bewerten, wie groß die damit verbundenen Herausforderungen und Risiken sind, ob er sich dass antun möchte und ob er für sich einen Weg finden will und kann, damit umzugehen. Alleine die Fairness gegenüber dem Kandidaten, der für diesen Job die eine oder andere Brücke einreißt, vielleicht sogar seine Familie verpflanzt, gebietet es.